Karl May Hörspiele
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Rezensionen / Kommentare

Howgh, ich habe gesprochen!


Eintrag von thoschw (vom 15.11.2004) (weitere Einträge von thoschw)

"Über Karl May, Winnetou, das Erzählen, Vorlesen und das Vergnügen eine Geschichte zu hören" Im Mittelpunkt des gut 95 minütigen Feature von und mit Veronika Bock steht ein Lesemarathon, bei dem im Jahre 1998 stilgerecht in einem Tipi unweit des Kölner Domes - und aufgrund einer zeitweise im Hintergrund zu hörenen Musik unverkennbar zur Karnevalszeit - acht Stunden lang von den verschiedensten Menschen der Roman 'Winnetou I' gelesen wurde. Den Anfang macht dabei der Schauspieler Bernd Rehhäuser, es folgt die Greenhorn-Passage, welche unverkennbar von dem Kölner Stunksitzungs- und Mitternachtsspitzenpräsidenten Jürgen Becker vorgetragen wird. In der Sendung sind natürlich nur gut zwei Dutzend Ausschnitte aus dieser Langzeitlesung zu hören, dabei zumeist die wichtigsten und entscheidenden Szenen, so etwa die Vorstellung Sam Hawkens, das erste Treffen mit Winnetou und die Blutsbrüderzeromonie. Trotz der regen Beteiligung weiblicher Vorleser blieben im Zusammenschnitt freilich seltsamerweise Textauszüge mit Nscho-tschi außen vor, ja nicht mal die hochdramatische Todesszene ist zu hören.

Die Lesung ist freilich nur die eine Seite des Berichtes, zwischen den einzelnen Textausschnitten, erfährt der Hörer noch vieles über Wesen und Wirkung des Werkes von Karl May, insbesondere auch über die persönliche Leseerfahrungen der einzelnen Vorleser und Zuhörer und von deren Urteilen, die von unerträglich deutschtümmelnd bis hin zum vorbildlichen Bekenntnis für Freiheit und Frieden reichen. Darüberhinaus wird dem Zuhörer aber auch ein breiter Querschnitt über fast alle Phänomene präsentiert, die es in der Karl-May-Welt gibt.

Als kompetenter Gesprächspartner über Leben und Literatur von Karl May hört man Ralf Schönbach, Internet-Usern nicht unbekannt als einer der Verantwortlichen der Web-Site der Karl-May-Gesellschaft. Von seiner zeitgenössischen Wirkung ist da die Rede, von der zeitweiligen Verdammung seiner Schriften als Schund zu Anfang des 20. Jahrhundert, von der Rehabilitation durch Ernst Bloch und Arno Schmidt. Dabei wird natürich auch die Frage nach den Bearbeitungen des KMV angeschnitten und das erfolgreiche Verlags-Marketing von den Gesammelten 'Grünen' bis hin zu den Laubsägearbeiten und Hawkens-Socken gewürdigt. Von einer alten Radiosendung, in der offensichtlich Christoph F. Lorenz und Verleger Schmid über den Mayster diskutierten, wird hingegen leider nur die Ankündigung wiedergegeben.

Beim Thema 'Film' hat man dagegen ein altes Interview mit Produzent Horst Wendlandt herausgekramt, in dem dieser erklärt, warum Winnetou auch am Ende der Film-Trilogie sterben müsse; Denn wenn bei Karl May Winnetou in Winnetou III stirbt, "dann müssen wir auch originalgetreu Winnetou sterben lassen". Wobei Winnetous Tod aber leider das einzig originalgetreue war, was der 3. Film zu bieten hatte. Weiterhin ist zweimal Pierre Brice in Ausschnitten hören. Einmal ist da ein altes Interview aus den 60ern, in dem der edle Franzose auf Französisch mit schöner Sprachmelodie antwortet, und zum anderen ein neueres Telefongespräch, in welchem er sich in aparten, doch reichlich akzentbehafteten Deutsch erklärt. Schließlich gibt es auch noch einen Ausschnitt aus dem Film 'Old Shatterhand', dort ist es jedoch nicht Monsieur Brice, sondern der Förster aus dem Forsthaus Falkenau, dessen jugendlicher Stimme man als Winnetou lauschen darf.

Auch das schöne Medium Hörspiel bleibt nicht unerwähnt und als Beispiel aus dem Genre klingen da gleich zwei Ausschnitte aus Europas 'Winnetou III', wobei schließlich Konrad Halver hochdramatisch in den Armen seines Blutsbruders Michael Poelchau stirbt. Das gleiche Schicksal ereilt in einem kurzen Ausschnitt auch den mutmaßlich von Benjamin Armbruster dargestellten Bühnen-Winnetou von Elpse. "Warum müssen Helden immer sterben?" fragt dann auch ein Knirps in einer Fragestunde den Elpse-Veteranen.

Natürlich hat Karl May - aber besonders die Film-Welle der 60er - auch die Musiker inspiriert, und so klingt dann zwischen Erzählpassagen und Einblicken in die bunte Karl-May-Welt die Filmmusik Martin Böttchers und die sogenannte Original-Indianer-Musik, aber auch Schlager wie "Winnetous Schwester", "Winnetou, du war mein Freund", "Das hat uns schon Karl May erzählt" werden den Ohren anvertrauen. Diese Titel sind mit weiteren Exemplaren may-deutscher Liedkunst übrigens auch auf einer einschlägigen CD des Labels Bear Family gesammelt.

Eine Bewertung der Sendung erscheint dem Rezensenten bei so einer bunten Mischung freilich nicht passend, doch läßt sich sicher sagen, daß er das Feature auch nach 6 Jahren beim zweiten Hören durchaus unterhaltsam und trotz der Länge als sehr kurzweilig empfand.
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